Am 19.9.2024 waren wir bei Papst Franziskus zur Privataudienz. Ich kann über diesen Mann mit seinen 87 Jahren und seinem Arbeitspensum nur staunen. Letzte Woche kam er von seiner Weltreise mit vielen Stationen in Fernost zurück und empfängt gleich wieder am laufenden Band die verschiedensten Gruppen.
Unser Anliegen, nämlich die Bemühung um ein gemeinsames Osterdatum zwischen der Orthodoxen Welt und den anderen Kirchen, sowie das 1.700-jährige Jubiläum des Glaubensbekenntnisses von Nizäa, fand bei ihm gehör. Er konnte sich jedoch nicht vertiefend für uns Zeit nehmen, sondern verwies auf seine schriftliche Antwort, die jeder auf seinem Stuhl hatte.
Unmittelbar nach der Begrüßung gab es für mich eine Gelegenheitund kurze Zeit, zu ihm zu gehen und ihm einige Sätze über das Miteinander für Europa und Gedanken zu Planungen für 2025 zu sagen.
Besonders gut war die Begegnung mit Kardinal Koch, der uns auf dem Weg zu Papst Franziskus begleitete und sehr offen für unsere Anliegen war. Sein Nachfragen nach dem Weg von Miteinander für Europa war sehr hilfreich und eröffnete uns viele Möglichkeiten, unseren Weg zu beschreiben und die nächsten Schritte zu verdeutlichen. Die seitherigen Stationen mit ihm, insbesondere das MfE 2016 in München, sind bei ihm in guter Erinnerung.
Vom 13.-15.9.2024 hat sich Patriarch Bartholomäus Zeit für eine ausführliche Begegnung mit uns genommen. Wir wurden in den Orthodoxen Gottesdienst hineingenommen, der an diesem Tag – dem Tag der Wiederentdeckung des Kreuzes – gefeiert wurde. Weil Patriarch Bartholomäus auch in Deutschland studierte, konnte ich meine kurze Rede in Deutsch halten und er ist spontan mehrfach darauf eingegangen. Es war eine herzliche Begegnung.
Der Besuch bei Patriarch Bartholomäus wurde durch die Orthodoxen Parlamentarier IAO ermöglicht, die auch zu dem Symposium in Thessaloniki im Juni eingeladen hatten, um das christliche Fundament Europas zu stärken. Sie sind nach wie vor sehr aktiv und so hatten wir nach dem Besuch bei Papst Franziskus zwei weitere Treffen, um diesen Gedanken zu vertiefen und nach Wegen zu suchen, wie die christlichen Werte in Europa gestärkt werden können. Der Präsident derCEC2 , Erzbischof Nikitas, war für dieses Treffen, das 3 Stunden dauerte, extra aus London angereist und der Präsident derCOMECE3, Bischof Mariano Crociata, ließ es sich auch nicht nehmen, mit dabei zu sein und sich engagiert für die christlichen Werte in Europa einzusetzen. Man muss sehen, welche Schritte an dieser Stelle möglich werden. Ich erlebe die orthodoxen Parlamentarier als Türöffner. Es ist jedoch noch viel Arbeit nötig, um zu gemeinsamen Linien zu kommen.
Ich staune darüber, welche Türen Jesus öffnet. Konnte ich doch innerhalb kurzer Zeit mit vier der einflussreichsten Kirchenführern ins Gespräch kommen (Bischof Bedford Strohm als Vorsitzender des Weltrates der Kirchen, Thomas Schirrmacher, der 650 Millionen Evangelikale Christen vertrat, Patriarch Bartholomäus als Primas für die Orthodoxen Kirchen und Papst Franziskus für die Katholische Kirche. Vieles an Einheit hat sich bereits ereignet. Beten wir dafür, dass diese Schlüsselpersonen auch weiterhin zusammenfinden.
IAO: Inter-Parliamentary Assembly on Orthodoxy
CEC = Conference of European Churches. Die CEC ist eine Gemeinschaft von etwa 114 orthodoxen, protestantischen, anglikanischen und altkatholischen Kirchen aus allen Ländern Europas.
Gemeinsam mit dem Präsidenten der CEC[1], Erzbischof Nikitas, dem Präsidenten der COMECE[2], Bischof Mariano Crociata und dem Generalsekretär der IAO[3], Maximos Charakopoulos, war ich als Moderator von „Miteinander für Europa“ eingeladen, am 15. Mai 2024 das Dokument mit zu unterzeichnen.
Dieses Dokument “ Europa, sei du Selbst!“ war im Blick auf die bevorstehende Europawahl ein gemeinsamer Aufruf der Christen in Thessaloniki/Griechenland. Es war ungewöhnlich, dass wir als Netzwerk von Bewegungen (MfE) auf dieser Ebene vertreten waren, aber es waren die Orthodoxen Parlamentarier, die viel Wert auf unsere Stimme gelegt haben, weil sie wussten, dass wir einen aktiven Beitrag zu den christlichen Wurzeln Europas leisten.
Bereits bei meinem kurzen Gruß anlässlich der feierlichen Unterzeichnung, konnte ich auf das Gespräch zwischen dem damaligen EU Ratspräsidenten Romano Prodi mit Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolarbewegung hinweisen. Prodi hatte damals sinngemäß Chiara Lubich gefragt, wie er denn eine christliche Politik machen könnte, wenn die Christen selbst ihre Stimme nicht erheben. Daraufhin motivierte uns Chiara, eine Veranstaltung zu planen, die dann im Mai 2004 unter dem Thema „Miteinander für Europa“ (MfE) stand und in eindrucksvoller Weise gezeigt hat, wie sehr die christlichen Bewegungen durch ihr Engagement in unserer Gesellschaft mitwirken.
Die Unterzeichnung war der Auftakt zu einer 2-tägigen „International Political Conference“ mit dem Ziel, die christlichen Werte in Europa zum Ausdruck zu bringen. Zahlreiche Vertreter der oben genannten Kirchen, Politiker europäischer Länder, Professoren der Universität von Thessaloniki und weitere Fachleute kamen in zahlreichen Plenarsitzungen zu Wort. Manchmal ging es recht kontrovers zu, wenn heftig darüber gestritten wurde, ob denn zwischen den christlichen und den europäischen Werten ein Unterschied wäre, warum im Zukunftspapier der EU die Kirchen und der Glaube mit keinem Satz erwähnt würde und wie mit der zunehmenden Säkularisierung umzugehen wäre. Dann wieder leuchteten sehr klare und mutmachende christliche Positionen auf, wie z.B. durch den Kulturminister aus Albanien.
Es war eine Freude, dass unser 7-faches Ja, das ich bereits in der ersten Gesprächsrunde einbringen konnte, mehrfach auf Resonanz gestoßen ist. Viele fragten aufmerksam nach, was MfE denn wäre, weil sie bisher nichts von MfE wussten und Interesse daran gefunden hatten. Zahlreiche Kontakte und Querverbindungen sind entstanden und durch die Konferenz wurde das Anliegen, die christlichen Werte (und den christlichen Glauben) nicht aus dem Bewusstsein der EU zu verdrängen, ins Bewusstsein gehoben. Für mich brachte ein Teilnehmer am letzten Tag eines der Hauptprobleme auf den Punkt: „Wir Christen werden nicht gehört, weil wir nicht eins sind und deshalb nicht mit einer Stimme sprechen“.
„Wir sollten mutiger unsere Stimme erheben und eindeutiger für unsere Werte einstehen, ohne sie anderen überzustülpen“ lautete eines meiner Statements.
Ich bin dankbar, dass die Orthodoxen Parlamentarier so mutig waren, zu dieser Konferenz einzuladen und damit auf ein Anliegen hinzuweisen, das zur ersten Veranstaltung von Miteinander für Europa geführt hatte: Wir als Christen erheben unsere Stimme und stehen ein für unsere Werte.
Thessaloniki, vor Pfingsten 2024
Gerhard Proß
[1] CEC = Conference of European Churches. Die CEC ist eine Gemeinschaft von etwa 114 orthodoxen, protestantischen, anglikanischen und altkatholischen Kirchen aus allen Ländern Europas. [2] COMECE = Commission of [Katholik] Bishops Conferences of the European Union [3] Inter-Parliamentary Assembly on Orthodoxy
In unruhigen Zeiten für Europa und die Welt versammelten sich vom 16. bis 18. November 2023 über 220 Mitglieder des Trägerkreises von Miteinander für Europa zu ihrem jährlichen Treffen, dieses Mal in der europäischen Kulturhauptstadt 2023 Timisoara. Aus der Fülle dieser Tage drei Schwerpunkte:
„Die Zeit der Kathedralen scheint unwiderruflich vorbei“,
so Herbert Lauenroth in seinem grundlegenden Referat über die Perspektiven von MfE. „Das zeigen geradezu „ikonische“ Bilder unserer Spätmoderne: wie etwa die in Flammen stehende Notre Dame.“ Er zitierte Andrea Riccardi: „Notre Dame steht in Flammen, während das christliche Leben am Erlöschen ist“. Mit Blick auf die neuesten Zahlen der Kirchenentwicklung bleibt nur zu sagen: Die Kirche ist im freien Fall. Doch dazu malte uns Herbert Lauenroth ein Bild der Hoffnung: Aus den Trümmern des 2. Weltkrieges, als alles zusammengebrochen war, entstand die Fokolarbewegung mit ihren Zellgruppen, quasi als fliegende, als mobile Kirchen (Es lohnt sich, das vollständige Referat nachzulesen, das demnächst auf der Homepage von www.together4europe.org zusammen mit weiteren Berichten und Referaten erscheinen wird).
Die mehrfache Betonung, dass es gilt, die Aufbrüche miteinander zu verbinden, habe ich am Ende des Treffens aufgenommen und dazu ermutigt, die Feuer der Erneuerung in Europa zu verbinden. Schon leuchten die Umrisse einer neuen Gestalt von Kirche auf – die vielen kleinen Gemeinschaften und die Feuer der Erneuerung. Es ist einer der Aufträge von MfE, diese zu vernetzten. Symbolisch haben wir uns verbunden und mit 3 Schnüren unterschiedlicher Farben ein Netz quer über Europa geknüpft.
Ein zweiter Gedanke ist der des Politischen
Bürgermeister Cornelius Fritz kam als Deutscher für ein soziales Jahr nach Timisoara. Vor zwei Jahren wurde er zum Bürgermeister dieser Stadt in Rumänien gewählt. Auch das ist Europa. Der Staatssekretär für KulturCiprian Vasile Olinici, legte sein Konzept zur Seite, weil er die starke christliche Kraft unter uns spürte. Das mündete in das Referat von Eduard Heger, ehemaliger Ministerpräsident der Slowakei, der uns so stark motivierte, dass wir als Christen unsere Stimme des Glaubens erheben und die Politiker nicht allein lassen. „Klopft an ihre Türe, sie brauchen euch!“
Die kulturelle und konfessionelle Vielfalt dieser Stadt und dieser Region.
Dabei spielte Bischof Josef Csaba Pál, der örtliche Gastgeber, eine ganz besondere Rolle. In ihm lebt das Charisma der Einheit in einer starken Weise.
Wir können so viel lernen von den Christen dort.
Es gäbe noch vieles zu berichten. So z.B. der Impuls von Margaret Karram, der Präsidentin der Fokolarbewegung, die Begegnung Ost-West in Europa, das Kennenlernen der Orthodoxie, der Workshop „auf dem Weg zum Frieden“…
Der Weg des Miteinanders geht weiter und ich freue mich, dass es manchen Bewegungen, wie z.B. der Schönstatt-Bewegung und dem CVJM München, gelungen ist, die nächste Generation beim Treffen dabei zu haben.
Bei der Klausur des Leitungskomitees von MfE in München spürten wir, dass eine neue Phase im MfE beginnt. Wir wollen die nächste Generation der Leitenden nach Timisoara/Rumänien einladen und hoffen, dass sich die Feuer der Erneuerung quer durch Europa in der nächsten Generation vernetzen und dadurch ein Netz von Freunden entsteht, das tragfähig ist, die Zukunft mitzugestalten. Dazu gehören auch monatliche Zoom Vorbereitungen mit den Freunden aus Timisoara.
Das Trägerkreistreffen 2021 von Miteinander für Europa „hybrid“ aus Rom
„In Zeiten der Polarisierung erlaubt sich der Geist Gottes ein Miteinander.“ So Gerhard Proß, CVJM Esslingen, derzeitiger Moderator von „Miteinander für Europa“ (MfE), am 6.11. zu Beginn des Online-Trägerkreistreffens 2021. Pandemie, Umweltkrise und Flüchtlingsfrage haben auf drastische Weise unsere „Sättigungskrise in eine Sehnsuchtskrise“ verwandelt.
Am ersten Novembersamstag 2021 in Castel Gandolfo/Rom im Internationalen Zentrum der Fokolar-Bewegung trafen sich 16 Mitglieder des Leitungskomitees (Comunità Sant’Egidio, CVJM Deutschland, Efesia Frankreich, ENC Austria, Focolare, Schönstatt, Syndesmos) in Präsenz und über 150 Zuschaltungen über Zoom waren mit dabei. Das internationale Netzwerk christlicher Bewegungen organisierte auch dieses Jahr einen Tag des Austausches über den gemeinsamen konkreten Einsatz für ein christliche(re)s Europa.
Im Rahmen der Burgblick Gespräche fand am 13.03.2020 ein ganz besonderer Abend mit OKR Dieter Kaufmann und Rebekka Mannal statt. Wegen der Corona-Virus Situation fand die Veranstaltung im großen Saal statt. Dort konnten die Zuhörer in genügend großem Abstand sitzen.
Oberkirchenrat Dieter Kaufmann hat in einem Referat auf höchstem Niveau die Frage nach dem menschlichen Leben in 7 Punkten entfaltet: Der Mensch als Geschöpf, als Beziehungswesen, als Ebenbild Gottes, sowie der freie und der verantwortliche und schuldfähige Mensch. Dabei hat er als Mitglied des Rates der EKD (Evangelischen Kirche in Deutschland) auch die Position der EKD mit ihrem klaren „Ja zum Leben“ eingebracht. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Sterbehilfe mit der Betonung der Selbstbestimmung wurde kritisch und gleichzeitig sehr differenziert auf der Grundlage des Evangeliums betrachtet.
Rebekka Mannal berichtete von ihren Erfahrungen als Oberärztin in der Onkologie. Eindrucksvoll war ihr Bericht, wie die (seltene) Frage nach Sterbehilfe ihre Brisanz verliert, wenn die Menschen sich mit ihren Sorgen um Schmerzen und in ihrer Hilflosigkeit angenommen und gut aufgehoben wissen. Gleichzeitig hat sie es verstanden deutlich zu machen, dass die viel größere Herausforderung die Tabuisierung des Todes ist. Sterben ist etwas natürliches, doch wie schwer fällt es Angehörigen, ihre Lieben sterben zu lassen. Psalm 90,12 wäre so wichtig für unsere Gesellschaft: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ In einer offenen und sehr sensiblen Diskussion konnte das Thema vertieft werden.
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